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Durchbruch beim Wasserstoff-Recycling für die Industrie
Forschungsprojekt EH2C der DHBW Mannheim erfolgreich abgeschlossen
Recyceln statt neu bilden – das geht auch mit Wasserstoff und spart Strom, Geld sowie CO2-Emissionen. Unter welchen Bedingungen und mit welchem ökonomischem Potenzial für die Industrie, hat das EH2C-Projektteam um Prof. Dr. Sven Schmitz von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mannheim herausgefunden. Dabei konzentrierte sich das Team gemeinsam mit fünf Projektpartnern auf die Herstellung von Halbleitern. Die Ergebnisse für das Recycling von Wasserstoff sind so überzeugend, dass sie auch für andere Industriezweige ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Umstieg auf Wasserstoff-Technologien sein können.
Wasserstoff wird in verschiedenen industriellen Prozessen verwendet, ohne verbraucht zu werden, so z. B. bei der Solarzellen- und Halbleiterproduktion: Der benutzte Wasserstoff wird von umweltschädigenden Stoffen befreit und dann zumeist verdünnt ohne jegliche Nutzung in die Umwelt entlassen. Verschwendete Ressourcen, denn für die Neubildung des zukunftsträchtigen Energieträgers benötigt man neuen Strom. Daher widmete sich ein Team aus dem Forschungscluster Elektrochemie (ELCH) der DHBW Mannheim im Projekt "EH2C – H2-Recycling durch elektrochemische Kompression" der Aufgabe, die elektrochemische Kompression als innovative Technologie zum Wasserstoffrecycling in der Halbleiterherstellung zu demonstrieren.
Ressourcenschonend, wirtschaftlich und qualitativ top: Reinigung und Verdichtung von Wasserstoff mittels EHC
Für valide Erkenntnisse wurde vom Projektpartner centrotherm clean solutions GmbH in Blaubeuren eine komplette Reinigungsanlage mit elektrochemischem Verdichter (EHC) als Kern aufgebaut und zertifiziert und anschließend bei dem Projektpartner Fraunhofer ISE in Freiburg erprobt. Der recycelte Wasserstoff daraus wurde dann für zwei verschiedene Halbleiterherstellungsprozesse getestet: Siliziumkarbid-Herstellung und Metallorganische Gasphasenepitaxie. Die Ergebnisse gehörten zu den Highlights im Verlauf des Forschungsprojekts: Ob die Herstellung mit neuem oder recyceltem Wasserstoff stattfand, machte für die Qualität der gefertigten Halbleiter keinen Unterschied. "Mit diesem Verfahren bieten wir der Industrie eine sehr attraktive Alternative, denn es gibt bei recyceltem Wasserstoff keinerlei Qualitätseinbußen – und das ist der wichtigste Aspekt für Hersteller. Aber es ist auch betriebswirtschaftlich und ökologisch überzeugend: Wenn Wasserstoff mit grünem Strom recycelt wird, sparen wir ungefähr 80 Prozent des grünen Stroms, der sonst für die Neubildung von Wasserstoff per Elektrolyse notwendig ist", freut sich Projektleiter Prof. Dr. Sven Schmitz über die Resultate des Projekts.
Wichtiger Schritt zur Dekarbonisierung der Industrie
Ein weiterer Vorteil des EHCs und somit des gesamten Recycling-Verfahrens: Er ist problemlos in der Größe skalierbar, kann also ganz kleine (Wasserstoffstrom ca. 1 kg/Tag) aber auch sehr große Abgasströme (Wasserstoffstrom bis zu 100 kg/Tag) reinigen. Getestet wurde ein elektrochemischer Verdichter in einer Größe von 5,5 kg/Tag. Abhängig davon verteilen sich die Gesamtkosten unterschiedlich: Bei einem großen EHC mit hoher Effizienz ist die Erstinvestition hoch, die Betriebskosten niedrig – bei einem kleinen EHC mit einer niedrigen Effizienz hingegen kann mit niedrigen Investitions- und dafür hohen Betriebskosten gerechnet werden. Doch auch bezüglich der Investitionskosten gibt es positive Nachrichten aus dem EH2C-Team: "Zukünftig kann die Investition in einen EHC deutlich günstiger werden, da er auf denselben Maschinen mit denselben Grundmaterialien gefertigt werden kann wie Elektrolyseure, die Wasserstoff produzieren werden, sowie Brennstoffzellen, die Wasserstoff verbrauchen werden und bei denen hohe Stückzahlen zu erwarten sind", so Prof. Schmitz.
"Funktionierendes H2-Recycling erleichtert den Umstieg auf H2 in der Industrie"
Weil die Ergebnisse so positiv waren, ist bereits ein Folgeprojekt mit dem Partner centrotherm clean solutions GmbH in der Planung. In diesem Vorhaben soll die Reinigungsanlage auf 30 kg/Tag skaliert werden und somit einer Größe entsprechen, wie sie in einer reellen Halbleiterfabrik benötigt würde. Bei 30 solcher Anlagen könnte eine Fabrik bis zu 30 Fässer Benzin inklusive der dazugehörigen CO2-Emissionen pro Tag sparen. "Seit 2015 arbeiten wir mit der centrotherm clean solutions GmbH zusammen. Vom ganz kleinen Maßstab im Labor bis hin zur tatsächlichen Produktentwicklung haben wir mehrere Projekte auf dem Weg zum erfolgreichen Wasserstoff-Recycling miteinander realisiert. Meilensteine wie jene aus EH2C werden es auch anderen Industriezweigen erleichtern, auf Wasserstoff-Technologien umzusteigen", ist sich Prof. Schmitz sicher. Ein Beispiel mehr aus DHBW-Reihen für wertvolle anwendungsbezogene Forschung und den gelungenen Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis.
Gemeinsam für eine nachhaltige Industrie
Das Projekt EH2C wurde 2,5 Jahre lang vom BMWK im 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung gefördert und ist seit 31.12.2023 abgeschlossen. Zum Projektteam der DHBW Mannheim gehörten Prof. Dr. Sven Schmitz sowie die wissenschaftlichen Mitarbeiter Christian Geml und Kai Tornow. Während der Projektdauer konzentrierten sie sich auf die Gasanalyse, also die Qualitätsbestimmung des Wasserstoffs, die Analyse aller Energieströme sowie das Testen der Lebensdauer des EHC, wenn er mit besonders kritischen Gasbestandteilen beaufschlagt wird.
Externe Projektpartner waren:
- centrotherm clean solutions GmbH, Blaubeuren (Verbundkoordination)
- Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg
- FCT Systeme GmbH, Frankenblick
- AZUR SPACE Solar Power GmbH, Heilbronn
- HyET Hydrogen B.V., Arnhem/NL (Assoziierter Partner)
Save the Date: Interessierte können das Wasserstofflabor in Eppelheim am 17.06.2024 von 16 bis 19 Uhr besichtigen. Es warten Laborführungen, Projektvorstellungen und spannende Gesprächsrunden.