Nachhaltige Nutzung von ungenutztem Wasserstoff

Neues Forschungsprojekt zu H2-Recycling an der DHBW Mannheim

Wasserstoff als Energieträger der Zukunft und Schlüssel zur Energiewende ist in aller Munde. Um effizient mit diesem vielversprechenden Rohstoff umgehen zu können, realisiert das Forschungscluster Elektrochemie (ELCH) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mannheim ein neues Forschungsprojekt, das die Wasserstoffforschung als Leuchtturmprojekt unterstreicht: H2-Recycling durch elektrochemische Kompression. Der Fokus im Projekt EH2C liegt auf dem Recycling von Wasserstoff, der bei der Produktion von Solarzellen und anderen Halbleitern anfällt und üblicherweise ungenutzt an die Umgebung abgegeben wird. Abhängig vom Projektverlauf ist geplant, das Recyclingverfahren bereits innerhalb von 2 Jahren in die Demonstrationsphase zu überführen und den kooperierenden Firmen einen sofortigen Nutzen zu ermöglichen. Gleichzeitig liefert das Projekt wichtige Erkenntnisse für ein funktionierendes Recyclingverfahren, das einsatzbereit wäre, sobald sich Wasserstoff als Energieträger durchsetzt.

Als eine der wenigen wissenschaftlichen Institutionen in Deutschland verfügt die DHBW Mannheim am Campus Eppelheim über ein eigenes Wasserstoff- und Brennstoffzellenlabor mit einem elektrochemischen Verdichter (engl. Electrochemical Hydrogen Compressor, EHC) und damit über ideale Voraussetzungen für das neue Forschungsprojekt EH2C. Als Anschlussprojekt zu dem Horizon-2020-Projekt MEMPHYS, bei dem erfolgreich ein System entwickelt wurde, um Wasserstoff zu reinigen und zu verdichten, geht es bei EH2C noch eine Stufe höher auf dem Technology Readiness Level, sodass das Verfahren schon sehr bald in der Industrie zum Einsatz kommen könnte. Dabei fokussiert sich das Forschungsteam um Prof. Sven Schmitz auf einen spezifischen Anwendungsfall: Auf Wasserstoff, der bei der Produktion von Solarzellen und anderen Halbleitern anfällt. Bislang wird dieser – völlig ungenutzt – entweder mit Luft verdünnt oder durch Verbrennung an die Umgebung abgegeben. Neben einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsanalyse soll im Projekt EH2C der elektrochemische Verdichter so weit optimiert werden, dass er den Wasserstoff aus den Abgasen der Halbleiterproduktion filtert und komprimiert, um ihn wiederzuverwenden.

„Sobald Wasserstoff als Energieträger marktreif ist, haben wir das Recyclingverfahren an der Hand!“

„Da die Wasserstoffforschung und ihre Technologien noch recht jung sind, konzentrieren sich die meisten Akteur*innen zunächst auf die Einsatzzwecke, auf Lagerung, Transport etc. Das Thema Recycling rückt normalerweise erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Vordergrund. Wir blicken bereits jetzt in die Zukunft. Der EHC ist modular aufgebaut und kann daher ganz kleine aber auch sehr große Abgasströme reinigen – das und seine Wirtschaftlichkeit sind seine Vorteile gegenüber anderen Reinigungsverfahren. Wir sind optimistisch, dass unser Verfahren innerhalb von 2 Jahren bei ersten Firmen eingesetzt werden könnte. Geht man von einem mittelständischen Unternehmen aus, reicht dafür eine Investition von ca. 1 Mio. Euro, die sich innerhalb ca. 1 Jahres amortisiert hätte. Gleichzeitig liefern wir eine Lösung, die sofort genutzt werden kann, wenn Wasserstoff als Energieträger marktreif ist“, betont Prof. Sven Schmitz, Projektleiter an der DHBW Mannheim, die Bedeutung des EH2C-Projekts.

Ein starkes Team aus Wissenschaft und Industrie

„Da wir Abgase aus unterschiedlichen Halbleiter-Herstellungsverfahren testen, könnte es sein, dass es Gase gibt, die die Reinigungsmembran im EHC angreifen. Falls das passiert, ist die große Herausforderung, die Gase zu identifizieren und die Membran so zu modifizieren, dass sie den Abgasen standhält“, berichtet Prof. Sven Schmitz zu eventuellen Stolpersteinen im Projekt. Für Herausforderungen wie diese ist das Team aber bestens gewappnet – neben der idealen Infrastruktur am Campus Eppelheim spricht die Zusammensetzung aus wasserstofferfahrenen Wissenschaftler*innen der DHBW Mannheim und Industriepartnern dafür. Mit bisher ca. 1.500 Betriebsstunden des elektrochemischen Kompressors haben Prof. Sven Schmitz und die wissenschaftlichen Mitarbeiter Christian Geml und Kai Tornow größte Erfahrung im Bereich elektrochemische Wasserstoffreinigung in ganz Deutschland. Das hat auch Centrotherm Clean Solutions überzeugt. Das Unternehmen mit Fokus auf Abgasreinigungssysteme für die Halbleiterindustrie war schon bei MEMPHYS Mitglied des Advisory Boards und hat das Projekt EH2C initiiert. Als eines der wenigen Unternehmen weltweit konzentriert es sich auf das H2-Recycling und vertraut dabei wieder auf die Kompetenzen und den Wissensschatz der DHBW Mannheim. Außerdem gehört noch das Unternehmen HyET Hydrogen als assoziierter Partner und erfahrenster Hersteller des elektrochemischen Verdichters zum Projektteam, ebenso wie die Fraunhofer Gesellschaft, die über mehrere Versuchsanlagen zur Halbleiterproduktion verfügt, der Anlagenhersteller FCT Systeme und der Solarzellenhersteller AZUR SPACE Solar Power, die beide Partner bzw. Kunden von Centrotherm sind. Das Projekt wird 2 Jahre lang vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im 7. Energieforschungsprogramm gefördert.