Mit Digitalisierung und Hands-on-Mentalität die Logistik upgraden

Prof. Dr. Andreas Stenger im Interview

Wie schafft man mit digitalen Lösungen einen Mehrwert? In Prof. Dr. Andreas Stengers beruflicher Laufbahn war das die Frage, die ihn stets begleitete. Schon im eigenen Wirtschaftsingenieurwesen-Studium faszinierten ihn Themen der Wirtschaftsinformatik und so fokussierte er sich während der Promotion am Lehrstuhl für IT-gestützte Logistik der Goethe Universität Frankfurt auf die Optimierung von Routenmodellen für Paketdienstleister. Obwohl ihm die Forschung, Lehrtätigkeit und Zusammenarbeit mit Studierenden enorm viel Freude bereitet hatten und er langfristig eine Hochschulkarriere einschlagen wollte, entschied er sich nach der Promotion zunächst für den Schritt in die Industrie. Sein Ziel: Die Arbeitswelt außerhalb des Bildungssektors kennenlernen und unterschiedliche Erfahrungen sowie Praxiswissen sammeln, um diese zukünftig in die Hörsäle bringen zu können.

Seinen beruflichen Start fand Prof. Stenger bei Lufthansa Technik Logistik Services, wo er die Projektleitung für die Digitalisierung von Betriebsabläufen innehatte. 3 Jahre später wechselte er zur Lufthansa Technik und übernahm verschiedene Führungsrollen im Bereich der Digitalisierung. Als Head of Digital Product Management verantwortete er u. a. ein Produktportfolio digitaler Lösungen für den technischen Betrieb von Fluggesellschaften weltweit. Nach insgesamt 10 Jahren folgte der Wechsel zu Fresenius Medical Care. Hier konnte er sein Know-how in die Entwicklung einer digitalen Plattform für die Dialysetechnik einfließen lassen.

Am 1. Juli 2024 hat Prof. Stenger seine Professur an der DHBW Mannheim angetreten und so kann der Experte für digitale Geschäftsmodelle im Studiengang BWL - Spedition, Transport und Logistik nun das umsetzen, was ihn seit seinem eigenen Studium begeistert: Studierenden zeigen, wie man die Möglichkeiten der Digitalisierung ausschöpfen kann, um die Logistik auf ein neues Level zu bringen.  

Herr Prof. Dr. Andreas Stenger, warum haben Sie sich für die DHBW Mannheim entschieden und was ist für sie das Besondere an unserer Hochschule?

Ich war 12 Jahre lang in der Industrie und bin immer wieder Studierenden begegnet, denen der Transfer ihres theoretischen Wissens auf die Praxis schwerfiel. Genau das ist der Vorteil der Dualen Hochschule: Das Transferwissen wird bereits im Studium vermittelt. Wir können an konkreten Beispielen aus den Betrieben diskutieren und so entsteht eine tolle Dynamik im Hörsaal. Und umgekehrt bewegen wir uns in den Theoriephasen auf einem wissenschaftlich hohen Niveau, das in den Praxisphasen zur Anwendung kommt.

Welche Veranstaltungen bieten Sie an?

Meiner Expertise folgend biete ich aktuell Vorlesungen zu Digitalisierung und Marketing sowie Unternehmensführung an. Im Bereich Verkehrsbetriebslehre übernehme ich die Vorlesung zur Luftfracht. Da unsere Studienrichtung reakkreditiert wird, konzipiere ich gemeinsam mit meinen Kolleg*innen das Studienmodell 2026 und entwickle hierfür die neuen Module „Data Insights in Logistics“ sowie Sustainable Logistics. Mit diesen Modulen ergänzen wir unser Lehrangebot für zukünftige Studierende um Themen, die enorm relevant sind und mir persönlich sehr am Herzen liegen.

Haben Sie sich für Ihre Arbeit an der Hochschule ein bestimmtes Ziel gesetzt?

Vor allem möchte ich, dass meine Studierenden viel aus ihrer Studienzeit mitnehmen und sagen können, dass ihnen meine Lehre geholfen hat, um erfolgreich zu sein – jede*r auf seine*ihre Art.

Ganz allgemein halte ich Lehre und Bildung für sehr wichtig, um einerseits in der heutigen Informationsdichte durchblicken zu können und andererseits, um sowohl unseren Wohlstand als auch unsere Demokratie zu schützen. Ich bin sehr froh, wenn ich hierzu einen Beitrag leisten kann.

Inwiefern können Studierende von Ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Know-how profitieren?

Ich hatte das Privileg, in unterschiedlichen Branchen und Bereichen tätig zu sein, von operativen Logistikprozessen bis hin zu strategischen M&A-Entscheidungen. Diese vielseitigen Erfahrungen haben mir nicht nur tiefe Einblicke in die Wirtschaftswelt verschafft, sondern mich auch persönlich begeistert und inspiriert. Diese Begeisterung möchte ich an meine Studierenden weitergeben, indem ich theoretische Inhalte mit praxisnahen Beispielen aus verschiedensten Bereichen untermauere. So gelingt es mir, die Theorie greifbarer zu machen und den Studierenden einen praxisorientierten Zugang zu vermitteln.

In meiner bisherigen Laufbahn durfte ich zudem viel Neues machen, ohne vorher zu wissen, wie es ausgehen wird. Da lief auch einiges schief. Meine Studierenden möchte ich darauf vorbereiten, dass nicht alles immer nach Plan bzw. geradlinig laufen wird. Dass sich Situationen ständig verändern (können). Daher werde ich ihnen ans Herz legen, flexibel zu bleiben und aus ihren Fehlern zu lernen. Natürlich ist Teil der Lehre den Studierenden entsprechende Hilfsmittel an die Hand zu geben, wie man in solchen Situation zielorientiert agiert.

Haben Sie, bei all den Aufgaben in der Lehre und Vorbereitung der Reakkreditierung, auch vor zu forschen? Und wenn ja, in welchem Bereich?  

Ohne Forschung in praxisnahen Projekten hätte ich Sorge, den Wandel zu verpassen. Daher freue ich mich drauf, mich wissenschaftlich auf Optimierungs- und Digitalisierungsthemen in der Logistik zu stürzen. Nun möchte ich noch viel praxisnaher in die Materie einsteigen als in der Vergangenheit. Anhand konkreter Anwendungsfälle möchte ich herausfinden, wo mit Hilfe von Digitalisierung Verbesserungen möglich sind und inwiefern wir auch einen Beitrag zur nachhaltigen Logistik liefern können. Hier bietet sich viel Potenzial!

Was war der beste Tipp, den Sie jemals bekommen haben?

Es waren zwei. Erstens: Im Studium und im Unternehmen alles Mitnehmen, was sich anbietet. Oftmals stehen spannende Optionen im Raum, zu denen man einfach mal Ja sagen und sie machen sollte. Zweitens: Dinge ausprobieren und wenn es nicht klappt, dann daraus lernen.

Haben Sie Tipps für ein erfolgreiches Studium?

Mehr machen, weniger googeln – wenngleich ich ein großer Fan von den Möglichkeiten der Digitalisierung bin und diese auch im Studium erlernt sowie sinnvoll und zielorientiert eingesetzt werden sollten. Aber das Studium ist eine Zeit, in der es ums Begreifen geht und dazu gehört eben das aktive Erleben. Besonders wichtig finde ich aber auch, viele Fragen zu stellen und zu hinterfragen, um Sachverhalte besser zu verstehen.

Außerdem möchte ich empfehlen, eine Balance zu finden, um die Zeit genießen zu können. Die Flexibilität und Freiheit, die man im Studium hat, ist einmalig und die sollte man ausnutzen. Fleiß und Eigeninitiative machen da vieles einfacher. 

Und letztlich – da knüpfe ich an meine Antwort in der vorherigen Frage an und appelliere an die Verantwortung, die die Studierenden schon jetzt tragen: Trauen Sie sich, seien Sie mutig, probieren Sie Neues aus und akzeptieren Sie auch, wenn mal etwas nicht gelingt. Verharren Sie nicht auf dem Status quo, sondern helfen Sie dabei, mit neuen Technologien Veränderungen herbeiführen.

Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?

Ich verbringe Zeit mit meiner Familie, mache Sport, lese oder bin in den Bergen wandern. Ich arbeite aber auch sehr gern und, nach dem Lesen des Interviews verwundert es sicher nicht, probiere gern neue Dinge aus.

Vielen Dank und alles Gute, Herr Prof. Dr. Andreas Stenger!