Online-Lehre an der DHBW Mannheim

Kreativität, Organisation und fehlendes Raunen in der Corona-Zeit

Zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus hat die DHBW Mannheim Mitte März alle Präsenzveranstaltungen unterbrochen – und ihren Studienbetrieb innerhalb kürzester Zeit auf Online-Lehre umgestellt. Man könnte meinen, das sei in heutigen digitalen Zeiten kein Problem, doch anders als an anderen Hochschulen und Universitäten stellte die Umstellung an der DHBW Mannheim – die nicht über Semesterferien und damit etwas Luft für alle Beteiligten verfügt – eine besondere Herausforderung auf unterschiedlichen Ebenen dar.

Orga, Orga, Orga und technisches Know-how

Durch die Verzahnung von Theorie und Praxis war zunächst sehr viel organisatorische Arbeit nötig. Je nach Blocklage befanden sich die Kurse der 46 Studienrichtungen im März entweder in der Theoriephase am Campus oder in der Praxisphase beim dualen Partnerunternehmen. Fragen von „Darf ich Theorie- und Praxisphase tauschen?“ bis hin zu „Kann ich mein Studium dieses Jahr überhaupt abschließen?“ bewegten die Studierenden, für die aber schnell Antworten gefunden wurden. Ein weiterer Aspekt des dualen Studienmodells: Neben den hauptamtlichen Professor*innen lehren zahlreiche externe Lehrbeauftragte an der DHBW Mannheim – und für alle mussten erst einmal stabile technische Voraussetzungen geschaffen werden, um effizient von Zuhause aus lehren zu können.

Kreative Konzepte, effiziente Zusammenarbeit und umfangreicher Service

Um ihre Studierenden möglichst verlustfrei und lehrplanmäßig durch diese außergewöhnliche Phase zu manövrieren, haben sich die einzelnen Akteur*innen an der DHBW Mannheim verschiedene kreative Konzepte einfallen lassen: Der Umstieg auf die Online-Lehre erfolgte über verschiedene Videokonferenztechniken, die Einrichtung von 5 Vorlesungsstudios sowie die Etablierung eines Task-Force-Teams, das fast rund um die Uhr den Lehrenden technische Unterstützung gab und nach wie vor gibt. Auch eine Hotline wurde eingerichtet, um aufkommende Fragen schnellstmöglich beantworten zu können. Erfahrene aus verschiedenen Bereichen haben intensiv zusammengearbeitet und konnten so auch Newcomer schnell zu Online-Lehrenden machen. Und nicht nur das, nahezu alle Mitarbeiter*innen der DHBW Mannheim konnten binnen weniger Tage – technisch gut ausgestattet – ihre Tätigkeit im Homeoffice fortführen und so den Studienbetrieb aufrechterhalten.
 

Zeit für einen Zwischenstand – und unterschiedliche Perspektiven: 
 

Intensive gemeinsame Zeit, die uns vorangebracht hat 
Prof. Dr. Georg Nagler, Rektor

„Die Schließung des Studienbetriebs unserer Studienakademie am 13. März war sicher eine der deprimierendsten Erfahrungen, die ich als Hochschulrektor machen musste. Doch mit dem Kombi-Konzept Moodle/Blackboard, das ich bei Prof. Clemens Martin schon seit einiger Zeit in praktischer Umsetzung, gerade mit seinen Studierenden in Oshawa/Kanada, kannte, hatten wir ein echtes ‚Rennpferd‘ für die virtuelle Lehre im Stall, das wir in Rekordzeit durch den sofortigen Kauf von 8.000 Lizenzen für alle ‚klonen‘ konnten. Die eingerichtete Projektgruppe Online-Lehre/Homeoffice unter Leitung von Prof. Martin und Hr. Schwede hat dann in kürzester Zeit geradezu Übermenschliches erreicht. 

Nun sind 3 Monate virtueller Lehre vergangen und wir sehen, dass der Auftrag unseres Dienstherren, den Abschlussjahrgang fristgerecht zu examinieren, auf hohem Qualitätsniveau ermöglicht werden wird. Wir sehen aber auch die Ernüchterung über die doch besonderen Anforderungen des reinen Online-Studiums. Gerade unsere Studierenden sehnen sich nach Gruppenarbeit, sozialem Leben und persönlicher akademischer Kooperation im direkten menschlichen Miteinander. Die Frage einer Optimierung der Lehre ‚nach Corona‘ wird uns daher sicher beschäftigen. Dazu werden wir auch Workshops haben, an denen gerade Professor*innen und Studierende miteinander diskutieren werden. Ich danke allen Hochschulangehörigen, vor allem aber allen unseren haupt- und nebenamtlichen Dozent*innen und unseren Studierenden für diese intensive gemeinsame Zeit, die uns sicher vorangebracht hat.“ 
 

Engagierte Professor*innen, motivierte Lehrbeauftragte und Studierende 
Prof. Dr. Björn Maier, Studiendekan und Studiengangsleiter BWL - Gesundheitsmanagement

„Der Einsatz und die Nutzung von Online-Tools und insbesondere Video-Classrooms stellte für unser Studiendekanat echtes Neuland da. Trotzdem gelang uns als Team ein guter Umstieg. Engagierte Professor*innen, motivierte Lehrbeauftragte und Studierende, die sich in dieser besonderen Situation sehr stark eingebracht haben, haben dies ermöglicht. Inzwischen sehen viele von uns das Ganze nicht mehr als ‚Notbetrieb‘, sondern als eine dauerhafte und sinnvolle Ergänzung und Verbesserung der bisherigen Präsenzlehre!“ 
 

Hervorragende Unterstützung durch IT.S-Mitarbeiter*innen 
Prof. Dr. Holger Hofmann, Studiendekan und Studiengangsleiter Informatik

„Alle Mitarbeiter*innen – interne sowie externe – im Studiengang Informatik haben sich sehr schnell an die neue Situation angepasst. Somit konnten wir das 6. Semester online abschließen und das 2. und 4. Semester planmäßig als reines Online-Semester beginnen. Dieses war nur möglich durch die hervorragende Unterstützung der Mitarbeiter*innen des IT.Service-Centers und des Vorlesungssupports/ Digital Learning Centers (DLC) der DHBW Mannheim. Hervorzugeben ist auch die durchgängig sehr gute Mitarbeit und Disziplin der Studierenden in dieser besonderen Situation. Ihr Feedback zu unseren E-Teaching-Angeboten ist sehr positiv und wir werden sicherlich viele Erfahrungen und Erkenntnisse in die Nach-Corona-Zeit für die Konzeption von Blended-Learning- und E-Learning-Angeboten mitnehmen können.“ 
 

Interaktion mit Studierenden schwieriger 
Prof. Dr. Michael Schröder, Wissenschaftlicher Leiter, Duales Masterprogramm Supply Chain Management, Logistik und Produktion

„Dass der Wechsel hin zu mehr Online-Vorlesungen im Zeitalter des digitalen Alltags unausweichlich ist, das war Lehrenden wie Studierenden gleichermaßen sicher bewusst, unabhängig von Corona. Es ist aber interessant zu sehen, wie unkompliziert doch die Umstellung – obwohl erzwungen – auf Online-Lehre war und ist. Inhaltlich unterscheidet sich letztlich 'Präsenz' von 'Online' nicht, sofern man als Dozent*in nicht seine gewachsenen Konzepte auf den Kopf stellt – einerseits. Andererseits ist jedoch die Interaktion mit den Studierenden eine andere, schwierigere: Offensichtlich ist während einer Online-Vorlesung die Hemmnis der Studierenden, Fragen zu stellen, höher als in einem 'echten' Kursraum mit Face-to-Face-Kommunikation. Online gilt es, durch persönliche Ansprachen und Modulation den Aufmerksamkeitspegel bei den Studierenden hochzuhalten."
 

Feedback extrem positiv – aber analoge Vorlesungen präferiert 
Prof. Dr. Michael Arzberger, Professor Elektrotechnik

„Die Umstellung auf Online-Vorlesungen hat sehr gut funktioniert. Das Moodle-Tool Blackboard Colaboration BbC funktioniert stabil und zuverlässig – hat aber leider keine wirklich brauchbare Tafel. Da mir aber Handschrift in Echtzeit wichtig ist, arbeite ich mit einem PC zum Aufbau der Konferenz und meinem per Desktop-Sharing gekoppelten Laptop, das einen sehr guten elektronischen Stift hat. Die ‚Tafel‘ ist dann ein über Microsoft OneNote geteiltes Notizbuch, auf das die Studis während und nach der Vorlesung jederzeit zugreifen und sogar selbst an die Tafel schreiben können. Ein Problem, das jedoch bleibt, ist das fehlende Feedback, wenn alle Studierenden ihre Mikrofone abschalten. Kein Raunen, kein Ächzen, kein Lachen. Mittlerweile lassen ein paar Studis ihre Mikrofone an und schaffen so eine weniger sterile Geräuschkulisse. Die auch in einer Live-Vorlesung bei harten technischen Themen schwierige Aktivierung der Zuhörer gelingt online ganz gut mit Schnell-Umfragen. Nach den ersten Vorlesungen im 2. Semester habe ich unter 100 Teilnehmer*innen eine Umfrage gemacht. Das Feedback war extrem positiv, aber trotzdem bevorzugt eine knappe Mehrheit nach wie vor die analogen Vorlesungen mit Austauschmöglichkeiten mit dem Nachbarn.“ 


Die Präsenzzeit kann nicht vollständig ersetzt werden 
Peter Hocker und Leander Zimmermann, Studierende im Studiengang Projekt Engineering, Kurs TMT18EN1

„Im Fach Projekt Engineering wurde der Ablaufplan unseres verbleibenden dualen Studiums geändert, um unseren Abschlusstermin im Herbst 2021 nicht zu gefährden. So wurde die Praxiszeit im Sommer 2020 zu Gunsten einer längeren (zweigeteilten) Theoriephase verkürzt. Die meisten Online-Vorlesungen werden mit Blackboard durchgeführt – das funktioniert sehr gut. Es besteht sogar die Möglichkeit für Feedback ohne zu sprechen und ein digitales Heben der Hand. So kann vermieden werden, dass mehrere Personen durcheinander sprechen. Die Präsenzzeit kann aber nicht vollständig ersetzt werden. Es gibt auch Dozent*innen, die nicht diese Plattform nutzen, sondern per E-Mail oder Messenger Apps Dokumente und Aufgabenblätter zum Selbststudium schicken. Sie stehen jedoch für Rückfragen per E-Mail zur Verfügung. Wir verstehen, dass diese Zeit die DHBW Mannheim vor besondere Herausforderungen stellt. Wir finden es jedoch schade, dass sich durch die Änderungen die Länge der Praxisphasen insgesamt stark verkürzt hat. Außerdem ergibt sich durch die Änderungen ein sehr langer Theorieblock vom Herbst 2020 bis zum Sommer 2021.  

Wenn diese Krise überwunden ist, können wir uns gut vorstellen, dass die Werkzeuge für den Online-Lehrbetrieb den normalen Präsenzlehrbetrieb ergänzen werden und so die Vorteile beider Alternativen genutzt werden. Außerdem hoffen wir, dass in Zukunft verstärkt Moodle zum Einsatz kommt, dessen Potential im Verlauf unseres bisherigen Studiums nicht ausgeschöpft wurde. Alles in allem freuen wir uns darauf, ab Herbst den normalen Präsenzlehrbetrieb fortzusetzen und die Ausstattung und Labore des Standortes Eppelheim wieder benutzen zu können.“ 


Online-Lehre ist von unschätzbarem Wert 
Prof. Dr. Frank Wolff, Studiengangsleiter Wirtschaftsinformatik​​​​​​​

„Die externen Lehrbeauftragten stellten sich dem Umstieg in unterschiedlicher Weise. Einige forderten die Umstellung, weil sie von der Firma ins Homeoffice geschickt wurden. Mit anderen mussten wir Studiengangsleiter die Funktionen des Systems durchgehen und dann diskutieren, welche Art der Veranstaltung – Selbststudium, Vorlesung oder Fragendiskussion – nun am besten passt. Erfreulich war insgesamt die breite Offenheit der Dozent*innen sich umzustellen. Ich konnte sogar von den Erfahrungen eines Dozenten lernen, der die Gruppenarbeit im Online-System ausprobiert und dabei noch nicht bekannte Möglichkeiten zur Zusammenarbeit der Studierenden in aufgabenspezifisch wählbaren Gruppen ausprobiert hatte. Dies war eine enorme Hilfe bei der Durchführung von interaktiven Veranstaltungen mit Projektcharakter. 

Die Umstellung auf die Online-Lehre hat in der Wirtschaftsinformatik in weiten Bereichen sehr gut funktioniert, wobei es auch einige Einschränkungen gibt. Als Referent*in vermisst man immer wieder die direkte Rückmeldung von den Studierenden. Die sachliche Kommunikation funktioniert gut, aber es sind die kleineren Dinge, die man als Dozent*in der Mimik abliest, ob eine Erklärung verstanden wird, schon bekannt ist oder doch ein wichtiges Element unverstanden bleibt – die fehlen in den Online-Vorlesungen. Von Seiten der Studierenden haben wir unterschiedlich geartetes Feedback bekommen. Einige berichten, dass sie sich auch langfristig vorstellen können, den Stoff mittels Online-Vorlesungen vermittelt zu bekommen, andere melden teilweise schlechte Internetverbindungen, sodass sie den Lehrenden nur mit Unterbrechungen folgen konnten. Wieder Dritte teilten uns mit, dass sie bei Modulen Verständnisprobleme hatten, die sie in den Präsenzveranstaltungen vorher nicht hatten. Die Online-Lehre ist im Moment von unschätzbarem Wert, insgesamt freuen sich aber die meisten auf eine hoffentlich baldige Wiederaufnahme des normalen Präsenzlehrbetriebs.“ 


Entscheidender Erfolgsfaktor: Kommunikation 
Heinz Häfner, SAP SE, Lehrbeauftragter in der Wirtschaftsinformatik

„Der Übergang zur Online-Lehre verlief – auch nach Aussage der Studierenden im Feedback zur Vorlesung – reibungsfrei. Wir hatten auch Beiträge von 2 Gastvortragenden aus Partnerunternehmen, was ebenfalls technisch gut funktioniert hat. Ein entscheidender Faktor für mich war die Kommunikation mit dem Studiengangsleiter, Herrn Prof. Ritterbusch. Ich wurde direkt angesprochen, bekam den Link zum Tool und eine persönliche Einweisung zu den Features. Dies hat mir den Einstieg sehr erleichtert.“ 
 

Positive Erfahrungen und Klausurergebnisse
Prof. Dr. Rainer Beedgen, Lehrbeauftragter Fakultät Wirtschaft, Stv. Direktor BA/DHBW Mannheim​​​​​​​ 

„Die Online-Lehre im Fach Logik und Algebra war eine positive Erfahrung in der besonderen Zeit. Wichtig war die Unterstützung durch die Mitarbeiter*innen der Hochschule. Auch die Studierenden kamen gut mit der Situation zurecht. Das zeigen die ordentlichen Ergebnisse in der Klausur.“ 
 

Studentisches Projekt zur Weiterentwicklung innovativer Online-Lehrangebote 
Prof. Dr. Jürgen Redelius, Studiengangsleiter Digitale Medien (MPG)​​​​​​​

„Ohne den Einsatz aller an der Lehre Beteiligten, der seit März weit über das normale Maß hinausgeht, wäre in so kurzer Zeit die professionelle Implementierung der Online-Lehre nicht möglich gewesen. Auch die Zusammenarbeit mit unseren dualen Unternehmenspartnern bewährt sich in dieser Zeit. So profitiert die Studienrichtung z. B. durch die Nutzung des internen ‚Skype for Business-SAP-Netzwerk‘. Hierdurch erreichen wir eine komfortable Bandbreiten-Stabilität, die dringend in der Online-Lehre erforderlich ist. Seit der durch Corona veränderten Rahmenbedingungen führen wir wöchentliche Feedback-Runden zur Optimierung der Online-Lehre mit den Lehrenden der Studienrichtung durch. Darüber hinaus werden Studierende wöchentlich zur Online-Lehre befragt und Optimierungspotenzial identifiziert. Hier werden u. a. Fragen von selbstbestimmten und selbstorganisierten Lehr-/Lernprozessen sowie Interaktions- und Kommunikationsaspekte thematisiert. Meiner Einschätzung nach wird die Online-Lehre in der Nach-Corona-Zeit mehr als eine Ergänzung zur tradierten Präsenzlehre sein. So wird die Studienrichtung Digitale Medien - Mediapublishing und Gestaltung in Kooperation mit dem Digital Learning Center (DLC) der DHBW Mannheim ein studentisches Projekt zur Stärkung und Weiterentwicklung innovativer Online-Lehrangebote an der DHBW Mannheim durchführen.“