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DHBW forscht: Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?
Online-Fachtagung mit über 145 Teilnehmer*innen
Der Umstieg von fossiler auf regenerative Energieerzeugung ist das Energiethema Nummer eins. Die größte Hürde ist dabei die Speicherung von Energie, weshalb Wasserstoff als chemischer Energieträger zunehmend im Fokus steht. Er kann u. a. mittels Strom aus Wasser gewonnen, einfach gespeichert und transportiert werden und ist lange lagerfähig. Außerdem lässt er sich mit Hilfe von Brennstoffzellen ideal als Kraftstoff oder Speichermedium für Pkw, Busse, Lkw und auch Schiffe nutzen.
Metropolregion wird zur Modellregion für Wasserstoff
Bei der Fachtagung „Wasserstoff – Energieträger der Zukunft?“ der DHBW Mannheim mit der IHK Rhein-Neckar Mitte Juli wurden aktuelle Entwicklungen rund um den Wasserstoff skizziert. Es wurden reale Zahlen zu Energiebedarf und Nachhaltigkeit geliefert sowie Nutzungsbeispiele von Experten gegeben, die seit Jahren in diesem Bereich tätig sind. Nach einer Begrüßung durch den IHK-Technologiecoach Herrn Dr. Thilo Schenk, stellte Herr Bernd Kappenstein, Fachbereichsleiter Energie & Mobilität bei der MRN GmbH, die Wasserstoff-Aktivitäten in der Metropolregion Rhein-Neckar und deren Ausbau zur Modellregion für Wasserstoff vor. Mehr als 100 Millionen Euro sollen in H2-Tankstellen, H2-Produktion, H2-Transport und entsprechende
(Nutz-)Fahrzeuge investiert und damit ein wesentlicher Beitrag zu nachhaltigem Klimaschutz und Wirtschaftswachstum geleistet werden.
Nur ein Hype? Nein!
Danach richtete Prof. Dr. Volker Schulz, Dekan der Fakultät Technik an der DHBW Mannheim, das Wort an die über 145 Teilnehmenden und bekräftigte, dass es sich bei der aktuellen Diskussion um eine grüne Wasserstoffwirtschaft nicht nur um einen Hype handelt: „In der Chemischen Industrie ist H2 als Rohstoff schon sehr weit verbreitet: der Umgang mit und der Transport von Wasserstoff sind bekannt. Jetzt gilt es, noch mehr grünen, also nachhaltigen und fast CO2-freien Wasserstoff mittels Wind- und Solarenergie oder Elektrolyse zu gewinnen, wofür niedrigere Marktpreise nötig sind. Momentan liegt deren Anteil an der H2-Produktion bei unter 5%, steigt aber bereits. 2030 könnte grüner Wasserstoff insbesondere im Schwerlastverkehr auf dem gleichen Preisniveau sein wie fossiler Kraftstoff.“
Wasserstoff als Kombilösung mit Solarenergie und Windkraft
An Strom für die Wasserstoff-Herstellung fehle es in Deutschland nicht – Deutschland sei seit Langem Stromexporteur – und auch der Anteil aus regenerativen Energiequellen wie Wind und Sonne sei kontinuierlich am Steigen, so berichtete Dr. René van Doorn von der Audi-Tochter PSW automotive engineering GmbH, der sich seit über 25 Jahren intensiv mit den Themen Wasserstoff und Brennstoffzellen beschäftigt. Nicht alle Regionen hätten ideale Voraussetzungen für regenerativen Strom, sonnenschwache Tage müssten ebenso bedacht werden wie Flauten. Daher sei die Frage nach der Speicherung besonders wichtig, deren Kapazitäten momentan aber nur bei 3 Wochen lägen. „Wenn Deutschland im Jahr 2050 klimaneutral sein möchte und der komplette Energiebedarf über Sonne und Wind abgedeckt werden müsste, bräuchten wir 125 % mehr Strom als heute. Wir haben aktuell knapp 30.000 Windräder, bräuchten aber 46.380 bis 156.000 zusätzliche. Wasserstoff als Energieträger ist sicher, lässt sich unbegrenzt herstellen sowie verbrauchen und kann so ideal zum Puffern von Schwankungen in regenerativen Stromquellen eingesetzt werden. Zur Speicherung könnten z. B. Erdgasspeicher genutzt werden“, so van Doorn, der sich bei seinen Berechnungen auf den landgebundenen Verkehr fokussierte. Wasserstoff allein sei nicht der Allheilbringer, aber in Kombination mit Solarenergie und Windkraft könne er für Klimaneutralität und geopolitische Energieunabhängigkeit sorgen.
Hoffnungsträger Nutzfahrzeug
Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzt auch der Cluster Brennstoffzelle BW auf die Schlüsseltechnologien Wasserstoff und Brennstoffzellen für die Elektrifizierung der Verkehrsantriebe. Anhand einiger Studien der e-mobil BW präsentierte Dr. Manuel C. Schaloske die Entwicklung der Nutzfahrzeuge zu einer ökonomischen Alternative: Wasserstoffbetriebene Nullemissionsnutzfahrzeuge könnten ein Drittel der Gesamtemissionen im Verkehr reduzieren. Und das lohne sich trotz höherem CO2-Verbrauch in der Herstellungsphase, denn dieser sei bei einer Lkw-Laufleistung von knapp 1 Mio. km ab 50.000 km ausgeglichen. Dafür seien jedoch mehr H2-Tankstellen notwendig – aktuell sind europaweit knapp 135 für Pkw in Betrieb und 44 in Realisierung – ebenso wie spezielle Nutzfahrzeuge. Derzeit werden in diversen Forschungsprojekten erste Prototypen und Kleinserien auf der Straße getestet und es gibt Ankündigungen zur Fertigung größerer Stückzahlen.
Blick ins Labor
Umrandet wurde die Fachtagung von einem virtuellen Rundgang durch das Wasserstoff- und Brennstoffzellenlabor am Standort Eppelheim der DHBW Mannheim, bei dem Prof. Dr.-Ing. Sven Schmitz die Aktivitäten des Forschungsclusters Elektrochemie (ELCH) und die Funktionsweise der Brennstoffzelle vorstellte. Bereits seit mehreren Jahren wird in Eppelheim an dem Themenfeld Wasserstoff geforscht und neueste Erkenntnisse für Lehre und Wirtschaft nutzbar gemacht.
Die kostenfreie Fachtagung fand in der Reihe „DHBW Mannheim forscht“ im Rahmen des Hochschulkooperationsprogramms der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim mit der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar statt. Die nächste Präsenzveranstaltung zum Thema Wasserstoff ist für den 4. Februar 2021 an der DHBW Mannheim geplant.