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Loslaufen und Bäume zählen
Dr. Alexander Nehm ist neuer Logistik-Professor
Dass er nun eine Professur bekleiden würde, hätte Herr Prof. Dr. Alexander Nehm vor einigen Jahren nicht gedacht. Doch manchmal öffnen sich gerade dort Türen, wo man es nicht erwartet. Parallel zu seinem Studium in Sozialwissenschaften an der FAU Erlangen-Nürnberg arbeitete er als studentische Hilfskraft am Fraunhofer Institut im Bereich Angewandte Forschung in der Logistik und kam so zum ersten Mal mit dieser Disziplin in Berührung. Dort begann er mit seinen Kollegen, durch Analysen mehr Transparenz in die Logistikbranche zu bringen: Logistikmärkte, Umsätze, Standorte, Player waren bis dato statistisch kaum erfasst. Fasziniert davon war Dr. Alexander Nehm nach dem Studium 10 Jahre lang bei der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services in unterschiedlichen Positionen angestellt, vom Projektmitarbeiter bis hin zur Geschäftsführung. In dieser Zeit schloss er seine Dissertation erfolgreich ab, in der er Logistikstandortstrukturen untersuchte. Dann folgte der Schritt raus aus der Fraunhofer-Arbeitsgruppe mit etwa 100 Mitarbeiter*innen und rein in die freie Wirtschaft, wo er innerhalb der Logivest Gruppe die Beratungstochter Logivest Concept als Start-Up auf- und ausbaute. In dem Beratungsunternehmen konnte er sein Know-how rund um Logistikimmobilien und -standorte einbringen und in zahlreichen Projekten wertvolle Erfahrungen sammeln, die er seit 1. Oktober 2020 an Studierende im Studiengang BWL - Spedition, Transport und Logistik weitergibt.
Herzlich willkommen, Herr Prof. Dr. Nehm. Sie haben in den letzten 6 Jahren die Logivest Gruppe mit aufgebaut und die Beratungstochter Logivest Concept GmbH selbst geführt. Das klingt nach einer spannenden Station. Warum haben Sie sich nun für die Professur an der DHBW Mannheim entschieden?
Ja, das Setting bei Logivest war super. Ich hatte eine tolle Zeit und es hat sehr viel Spaß gemacht, das Unternehmen mit aufzubauen. Zumal ich davor lange in einem größeren Institut war, das bereits feste Strukturen hatte. Dass ich mich für die DHBW Mannheim entschieden habe, hatte dann mehrere Gründe. Ich habe sehr viele Professor*innen in meinem Umfeld, kannte den Beruf also aus zweiter Hand und habe erkannt, dass er auch für mich interessante Potenziale birgt. Lehrveranstaltungen hatte ich schon einige an der FAU in Nürnberg im Rahmen meiner Fraunhofer-Zeit gehalten oder auch Gastvorträge bei der EBS in Wiesbaden. Was ich gerade an der DHBW Mannheim sehr schätze, ist die Nähe der Studierenden und damit der Lehrinhalte zur wirtschaftlichen Realität. Die Studierenden passen sich nicht an mich und meine Lehrinhalte an, sondern man entwickelt sich gemeinsam durch Input aus dem aktuellen Tagesgeschehen und aus den unterschiedlichen Sparten der Logistik. Aber auch die Kolleg*innen hier sind klasse. Nach 2 Vorstellungsrunden im Professor*innen-Team der Studienrichtung Spedition, Transport und Logistik, in denen wir uns gegenseitig gut kennenlernen konnten, war ich mir sicher, dass ich hier lehren möchte. Ein entscheidender Grund für die DHBW Mannheim war auch meine private Situation. Ich wuchs in Herxheim bei Landau auf. Meine Frau, die ich schon während der Schulzeit kennenlernte, studierte in Mannheim. Der Bezug zur Region und Freundschaften blieben seit meinem Weggang nach Nürnberg über all die Jahre bestehen.
Welche Veranstaltungen bieten Sie an?
Grundlagen der Logistik, Nationale und kontinentale Güterverkehre, Logistikgeografie sowie Supply Chain Management.
Haben Sie sich für Ihre Arbeit mit den Studierenden ein bestimmtes Ziel gesetzt?
In der Logistik kommt es auf Geschwindigkeit und Präzision an. Die Hauptaufgabe von Logistiker*innen ist, Dinge funktionieren zu lassen. Dabei ist das Ergebnis entscheidend, der Weg dorthin kann aber unterschiedlich gestaltet sein, man kann ihn allein gehen oder im Team. Meine Studierenden sollen einerseits das fachliche Handwerkszeug bekommen, um ihre eigenen Wege zum Ziel zu finden und um eine gewisse Flexibilität zu entwickeln. Andererseits sollen sie auch mutig genug sein, bzw. sich nicht zu schade sein, sich einfach – falls das nötig sein sollte – mal die Schuhe anzuziehen, rauszugehen und Bäume, LKWs oder Paletten zu zählen, um so eigenen Content zu kreieren und eigene Erfahrungen zu machen. Oder in ihrem Unternehmen mal das Lager zu inspizieren und nicht nur in ihrem Büro zu sitzen – auch wenn das vielleicht für die Kultur im Unternehmen untypisch ist. Ich möchte ihnen beibringen, neugierig zu bleiben, gute Fragen zu stellen und dann eigene, selbstbewusste Möglichkeiten zu finden, um diese Fragen zu beantworten.
Möchten Sie an der DHBW Mannheim Ihre Forschungsarbeit zu vorantreiben?
Ja, ich würde gern weiterhin Logistikmarktdaten analysieren, denn das ist eine Mammutaufgabe, die noch längst nicht erledigt ist, und die Ergebnisse in die Lehre einfließen lassen. Ich veröffentliche seit über 10 Jahren fast jedes Jahr eine Studie rund um die Themen Logistikimmobilien und Standorte, zunächst am Fraunhofer Institut, mittlerweile für die Logix Initiative Logistikimmobilien. Es macht mir einfach Spaß neue Sachverhalte zu erkennen und diese Erkenntnisse auch mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Gibt es etwas, das Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben möchten?
Meine Erfahrung ist: Man sollte sich immer nur für Jobs oder Aufgaben entschieden, für die man sich wirklich begeistern und für die man brennen kann, denn nur so kann man über längere Zeit erfolgreich sein. Wenn man mit Überzeugung und Leidenschaft bei der Sache ist, wenn man aufrichtig fleißig für sich und für andere ist, also ohne hidden agenda, dann gibt es immer jemanden, der das erkennt und honoriert. So werden sich immer Türen und neue Perspektiven öffnen.
Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Ich bin sehr gern mit meiner Familie zusammen, wobei meine Kinder (13 und 17) leider immer weniger Zeit zuhause verbringen. Tatsächlich beschäftige ich mich auch in meiner Freizeit gern mit Logistik, aber ich spiele auch total gern Fußball, gehe Wandern in der Pfalz oder in der Fränkischen Schweiz.