"Liebe Grüße von meiner Mama"

Werner Heuvelmann war 40 Jahre lang Lehrbeauftragter an der DHBW Mannheim

1 Kurs pro Semester, die erste Klausur noch mit Schreibmaschine verfasst, Marketing eher ein Fremdwort in der Branche: Als Werner Heuvelmann begann, in der Studienrichtung Spedition, Transport und Logistik an der damaligen Berufsakademie zu lehren, galt Spedition noch als ein Tätigkeitsfeld für "Halunken". Doch seit 1982 hat sich vieles getan – und er hat es hautnah mitbekommen. Ca. 2.500 Studierende, ebenso viele Klausuren, 500 – 600 Studienarbeiten und knapp 13.000 gefahrene Kilometer später erfreut sich die Studienrichtung besonderer Beliebtheit: Mittlerweile sind es 4 Kurse, die von 3 Studiengangsleiter*innen, 3 Professor*innen und 2 Studiengangssekretärinnen betreut werden. Halunken gibt es hier keine – im Gegenteil: Neben der Freude an der Lehre hat vor allem das Miteinander in der Studienrichtung dazu beigetragen, dass Hr. Heuvelmann 40 Jahre lang nicht aufhören wollte, an der DHBW Mannheim zu dozieren. "Die Studienrichtung Spedition, Transport und Logistik war mehr als froh, über so einen langen Zeitraum einen motivierten und stets zuverlässigen Lehrbeauftragten im Einsatz zu haben, der auch immer für die Betreuung und Begutachtung von Projekt- und Bachelor-Arbeiten sowie für Klausuraufsichten zur Verfügung stand", ergänzt Prof. Dr. Harald Hartmann, der Werner Heuvelmann auch schon seit mittlerweile über 20 Jahren kennt und sein Engagement für die Studienrichtung immer sehr geschätzt hat.

Hr. Heuvelmann, wie kamen Sie dazu, zunächst bei der Berufsakademie und dann bei der DHBW Mannheim zu lehren?

Nach meinem Studium an der Universität Köln mit Schwerpunkt in Marketing und Verkehrswissenschaft war ich Geschäftsführungsassistent bei der Dachser GmbH & Co. KG (heute Dachser SE). Und dort war es eine meiner Aufgaben, die damalige BA-Studentin – ich denke, es war eine der ersten bei Dachser – zu betreuen und das duale Studium zu koordinieren. Hierfür stand ich in Kontakt mit dem damals einzigen Studiengangsleiter in der Studienrichtung Spedition, Prof. Ulrich Bülles. Er fragte mich, ob ich in der Spedition Lehrinhalte zum Marketing übernehmen möchte. Das war 1982. Seitdem habe ich die Studienrichtung wachsen sehen, habe jede Klausur aufbewahrt und die Noten aller meiner Studierenden. Bei manchen kann man sich nicht vorstellen, dass sie heute in den Chefetagen namhafter Konzerne sitzen.    

In Ihrer Haupttätigkeit waren Sie an der SRH Berufliche Rehabilitation bis zu Ihrem Renteneintritt 2015 angestellt und dort für die Ausbildung der Industriekaufleute zuständig. Was hat Ihnen an Ihrem Lehrauftrag an der DHBW Mannheim so viel Freude bereitet, dass Sie über Ihr Renteneintrittsalter hinaus an unserer Hochschule geblieben sind?

Zum einen ist es die Lehrtätigkeit an sich. Ich habe sehr viel Freude daran, Studierende auf ihrem Weg zu begleiten. In der Studienrichtung Spedition, Transport und Logistik sind die meisten sehr diszipliniert, wissen, worauf sie sich bei dem Studium bzw. bei dem Beruf einlassen, da sie teilweise bereits Spediteur*innen in der Familie oder im Freundeskreis haben, und studieren gern hier. Ich versuche, in meinen Gutachten sehr ausführlich zu sein und dafür sind die Studierenden dankbar. Auf der anderen Seite bekommt man durch die Projekt- und Bachelor-Arbeiten sowie den Input der Studierenden mit, was die Unternehmen der Branche bewegt. Man lernt selbst also immer etwas dazu.

Außerdem finde ich, dass die Spedition sogar die spannendste Branche ist, die es gibt. Sie ist vielfältig und außerdem essenziell für unseren Alltag, ohne die Logistik geht nichts. Das merken die Menschen aber erst allmählich. Die Speditions- und Logistikbranche hat leider immer noch ein ziemlich schlechtes Image – dagegen kämpfe ich seit Jahrzehnten an. Ich erinnere mich z. B. noch an ein Gespräch mit einer Bekannten, deren Tochter nach dem Abitur eine Ausbildung zur Speditionskauffrau machen wollte. Die Mutter hat es verboten mit den Worten "Bei diesen Typen arbeitest du nicht!". Es ist traurig, wenn solche Vorurteile junge Leute von ihrem Weg in diese abwechslungsreiche Branche abhalten.

Zusätzlich zu den Inhalten ist aber auch das Team in der Studienrichtung toll – es war sehr schön, dazu zu gehören. Egal ob Studiengangsleitungen, Professor*innen, Studiengangssekretärinnen oder andere Lehrbeauftragte: Die Atmosphäre ist einfach klasse. Freundlich, hilfsbereit, offen. Aus der Zusammenarbeit sind einige Freundschaften entstanden, so z. B. mit Hr. Bülles, der mich zur damaligen BA gebracht hat, oder auch mit Prof. Dr. Rolf Fuhrmann, der 2021 in den Ruhestand gegangen ist.

Lehre zu Spedition und Logistik 1982 und heute. Was hat sich seit ihrem Start an der Berufsakademie verändert?

Ich wurde zwar schon vor 40 Jahren u. a. für Vorlesungen zum Marketing eingestellt, aber da die Speditionsbranche überwiegend aus mittelständischen Unternehmen bestand, hat sich das Bewusstsein für Marketing erst viel später etabliert als in anderen Branchen, wie z. B. in Versicherungen oder Banken. So hat sich das Marketing erst mit der Zeit von einem intuitiven hin zu einem strukturellen Führungsinstrument gewandelt. Auch anhand der Projekt- und Bachelor-Arbeiten wird der Wandel sichtbar, die Anzahl der Marketingthemen nimmt zu.

Sehr positiv ist natürlich auch, dass die Studienrichtung kontinuierlich wächst. Das liegt nicht nur am sich langsam verbessernden Image der Branche, sondern auch an der Zufriedenheit der Dualen Partner. Die Unternehmen schätzen das duale Studium und die Lehrqualität an der DHBW Mannheim.  

Was sich seither auch verändert hat, ist die Altersstruktur der Studierenden. Als ich gestartet habe, waren viele Studierenden so alt wie ich oder älter, da sie z. B. über den 2. Bildungsweg an die Berufsakademie gekommen sind. Da haben sie nicht schlecht gestaunt, als ich mich im Vorlesungsraum nicht mit in die Reihen gesetzt habe, sondern vorn am Pult stehen geblieben bin. Letztes Jahr bin ich in einen neuen Kurs gekommen und da meldete sich eine Studentin bei mir und richtete mir Grüße von ihrer Mutter aus, die selbst auch schon bei mir in der Vorlesung gesessen hatte. Da dachte ich mir: Bevor jemand kommt und Grüße von der Oma ausrichtet, sollte ich lieber aufhören!   

Stehen Sie noch in Kontakt mit Alumni?

Ja, immer wieder. Das ist auch das Schöne an der Branche. So sind einige meiner Ehemaligen heute beispielsweise betriebliche Betreuer*innen von aktuellen Studierenden. Und mit Stefan Hohm, ehemaliger BA-Student und heute im Top-Management bei Dachser, habe ich gemeinsam den Teilband „Marketing in Spedition und Logistik“ der Reihe "Fachwissen für Speditions- und Logistikkaufleute" für die Bildungsakademie Spedition, Logistik und Verkehr e. V. verfasst.

Gibt es ein oder zwei Highlights, die Sie aus Ihrer Hochschul-Zeit in Erinnerung haben?

Da fällt mir eine etwas skurrile Situation ein: Vor ca. 10 Jahren hat mich eine Studentin gefragt, ob ihre Mutter mal vorbeikommen und sich in die Vorlesung setzen könnte. Ich habe ihr mein Ok gegeben, dann kam besagte Mutter und ich habe sie nach der Vorlesung nie wiedergesehen. Ich weiß bis heute nicht, warum sie das gemacht hat. Und eine negative ist mir auch im Gedächtnis geblieben, die ist sogar noch länger her. Da hat eine Studentin ihre Diplomarbeit abgegeben. Diese war nicht spektakulär, aber die Studentin hat ihr Studium erfolgreich abgeschlossen. Nur ein Jahr später hat eine andere Studentin ihre Diplomarbeit abgegeben, mit exakt dem gleichen Inhalt und nur modifiziertem Titel. So ein harter Täuschungsversuch ist mir weder vorher noch nachher begegnet. Aber darüber hinaus verbinde ich mit meiner Zeit an der DHBW Mannheim nur positive Dinge und ich werde sehr viele sehr schöne Erinnerungen mitnehmen.

Vielen Dank und alles Gute, Herr Heuvelmann!