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Der neue Professor Dr. Maximilian Scherer im Gespräch
Nach seinem erfüllenden und erfolgreichen Informatikstudium an der Goethe-Universität in Frankfurt promovierte er an der TU Darmstadt im Bereich Visual Analytics und konzentrierte sich auf die Analyse und Visualisierung von Daten. Für das, was Maximilian Scherer tat, etablierte sich erst zum Ende seiner Promotionszeit 2013 der Begriff, der heute die WI-Studienrichtung bezeichnet, in der er hauptsächlich lehrt: Data Science.
Doch bevor es dazu kam, warteten noch andere Stationen: Parallel zur Promotion an der TU Darmstadt nahm er an einem EXIST-Gründungsstipendiat teil und machte sich zunächst nebenberuflich, dann 1 Jahr lang professionell selbstständig. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner entwickelte er Apps. Den größten kommerziellen Erfolg hatte die Subares GmbH mit der Bildverarbeitungs-App „Friend Blender“ zum Tauschen von Gesichtern, wie es heute mit Apps wie Snapchat & Co. möglich ist. So erfolgreich ging es jedoch nicht weiter, also entschieden sich die Geschäftspartner, individuell neue Wege zu beschreiten. Herr Prof. Dr. Scherer wurde Senior Expert bei der ISRA VISION AG, die Inspektionssysteme u. a. für den Einsatz im Maschinenbau und in der Betriebstechnik baut. In den vergangenen 5 Jahren lernte er noch eine andere Branche gut kennen und war als Risikoanalyst bei der Deutschen Bundesbank im Bankenaufsichtsbereich tätig. Dort beschäftigte er sich mit der Frage, wie man mit Machine-Learning-Verfahren die Bankaufsicht unterstützen kann, die teilweise sehr komplizierte Datentöpfe zu erschließen hat.
Von der Selbstständigkeit bis zur Verbeamtung hat Herr Prof. Dr. Scherer in seinem Werdegang alles abgedeckt, was es an beruflichen Risikoprofilen geben kann. Diese vielseitigen Erfahrungen bringt er seit 1. April in seine Lehrtätigkeit in der Wirtschaftsinformatik an der DHBW Mannheim ein.
Herzlich willkommen an der DHBW Mannheim, Herr Prof. Dr. Scherer. Beruflich haben Sie bisher schon einige unterschiedliche Branchen kennengelernt – für unsere Studierenden in der Wirtschaftsinformatik bietet das einen enormen Mehrwert. Warum haben Sie sich nach 5 Jahren bei der Deutschen Bundesbank für die Professur an der DHBW Mannheim entschieden?
Die DHBW kenne ich schon etwas länger. Zum einen ist die Deutsche Bundesbank Dualer Partner der DHBW an mehreren Standorten. Und zum anderen war ich seit 2017 Zweitprüfer für Angewandte Informatik an der DHBW Mosbach. Vorher war mir gar nicht bewusst, dass an der DHBW so überschaubare Kursgrößen bestehen und man dadurch ideale Voraussetzungen für interaktive Lehre hat. Das gefällt mir sehr. Und auch was mein eigenes Profil betrifft, haben mir die Rahmenbedingungen an der DHBW Mannheim sehr zugesagt. Hier kann ich mich wieder einem breiteren Themenspektrum widmen und mit Studierenden aus unterschiedlichen Branchen zusammenarbeiten.
Wie war denn Ihr Start bei uns in Zeiten reiner Online-Lehre?
Der Einstieg war natürlich herausfordernd, da man alle Kolleg*innen nur virtuell kennenlernt und sich dadurch manches Wissen, das man vielleicht in der Mensa oder auf dem Flur nebenbei mitbekommen hätte, etwas verzögert aneignet. Aber was die Lehre betrifft hatte ich den Vorteil, dass die Inhalte komplett neu waren – die Studienrichtung Data Science ist es ja auch noch. Ich musste nichts Fertiges umgestalten, sondern konnte die Vorlesungen neu und rein für das Online-Format konzipieren. Aus privater Sicht ist die Fernlehre ziemlich praktisch, da ich mit meiner Familie noch in Frankfurt wohne.
Welche Veranstaltungen bieten Sie an?
Der Fokus liegt auf Vorlesungen in der Studienrichtung Data Science, aber auch eine in Sales & Consulting. Bei Data Science gehört das Modul „Advanced Machine Learning“ dazu, ebenso wie das Wahlfach „Artificial Intelligence“ – beide im 6. Semester. In Sales & Consulting halte ich Programmierung II. Das Schöne ist, meine Vorfreude auf die Arbeit mit Studierenden aus unterschiedlichen Branchen hat sich bestätigt, ich habe Studierende aus dem Finanzwesen, aus dem Tourismus ebenso wie aus der Industrie wie z. B. Maschinenbau.
Haben Sie sich für Ihre Professur ein bestimmtes Ziel gesetzt?
Mein unmittelbares Ziel ist, gute Lehre zu machen. Das macht für mich auch den Reiz an der Professur aus. Ich freue mich sehr darauf, Inhalte zu vermitteln, die ich selbst aufregend finde. Dabei geht es mir nicht darum, technische Details bis ins Letzte aufzudröseln, sondern eher darum, meine Begeisterung weiterzugeben. Ich denke, mit einer gewissen Leidenschaft für ein Thema lernt es sich einfacher und man hat länger Freude daran. Aber natürlich kann die Begeisterung nur dann entstehen, wenn man bestimmte Inhalte verstanden bzw. wenn man sich mal durchgebissen hat. Generell bieten die Informatik, die Wirtschaftsinformatik und darin Data Science sehr viel Raum für eigene Interessen. Sicher kann hier für jeden Geschmack ein passendes Themenfeld gefunden werden.
Haben Sie schon konkrete Pläne bezüglich Ihrer Forschungstätigkeit?
Erst einmal möchte ich mir einen Überblick verschaffen, an was die Kolleg*innen forschen und wo ich mich evtl. einbringen kann. Mittelfristig würde ich auch gern eigene Forschungsprojekte starten. Denkbar wären solche in Richtung Erklärbares bzw. Interpretierbares Machine Learning. Das kann man sich gut anhand eines Beispiels aus der medizinischen Informatik vorstellen: Wenn auf Basis einer Diagnose ein Machine-Learning-System eine bestimmte Behandlung empfiehlt, muss das für einen Arzt oder eine Ärztin nachvollziehbar sein, um sie zu unterzeichnen und in die Wege leiten zu können. Das Interpretierbare Machine Learning gibt Antworten darauf, wie bzw. warum das System auf den Schluss gekommen ist. Ein anderes interessantes Forschungsprojekt könnte der Frage nachgehen, wie man Maschinen zu Kreativität anleitet und Kunst mit KI erstellt oder Künstler mit KI unterstützt. Einige Beispiele hierzu sind auf meinem Blog zu sehen.
Inwiefern können Studierende von Ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Know-how profitieren? Gibt es etwas, das Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg geben möchten?
Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht und möchte es meinen Studierenden empfehlen, sich proaktiv und kreativ einzubringen, denn das wird gesehen. Egal, ob im Studium oder im Beruf, ob in großen Firmen oder in kleinen. Neue Ideen und Ansätze können immer einen Mehrwert bringen – daher ist es wichtig, sich zu trauen, eigene Wege zu gehen und neuartige Lösungen anzubieten, auch wenn der Ausgang unklar ist. Und in Kauf zu nehmen, dass man evtl. auch mal scheitert. Das ist überhaupt nicht schlimm. Im Gegenteil, aus Fehlern lernt man selbst und auch andere am meisten. Wichtig ist dabei nur, dass man bei Fehlern reflektiert und daraus möglichst viel Positives zieht. Mir ging es so mit meiner Selbstständigkeit. Wir hatten bei der Subares GmbH eine sehr spannende Zeit, doch wir kamen irgendwann an einen Punkt, der für uns langfristig nicht genug Perspektive geboten hat. Also hieß es Reflektieren, Loslassen und Learnings für die Zukunft mitnehmen. Und falls sich Studierende fürs Gründen interessieren, möchte ich empfehlen, nichts zu überhasten und sich Tipps bei Gründungsberatungen zu suchen, da es ein sehr komplexes Unterfangen ist.
Haben Sie einen Tipp für ein erfolgreiches Studium?
Wie eben schon angesprochen, möchte ich meine Studierenden zu einer gewissen Fehlertoleranz bewegen und sie einladen, auch in den Vorlesungen viele Fragen zu stellen – falsche Fragen kann es gar nicht geben. Schließlich sind alle zum Lernen da. Davon lebt das duale Studium in Kleingruppen, sodass man auf individuelle Fragen und Problemstellungen eingehen kann und alle davon profitieren. Außerdem ist die Studienzeit eine wertvolle Zeit um herauszufinden, wie man am besten lernt – von individuellen Lerntechniken bis hin zur Erkenntnis, wann man am besten selbstständig lernt und wann in der Gruppe.
Lassen Sie uns noch abschließend einen Blick in Ihre Freizeit werfen. Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten?
Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit meiner Frau und unserer 1,5 Jahre alten Tochter und der engsten Familie. Ich bin froh, dass das nun immer leichter möglich ist. Und ich freue mich mal wieder auf einen schönen Urlaub, ohne sich zu viele Gedanken darum zu machen, was, wo, wie möglich ist. Ansonsten beschäftige ich mich auch in meiner Freizeit sehr gern und viel mit informationstechnischen Themen und bleibe mit Freunden über das Internet in Kontakt. So gesehen konnte ich während der intensiven Corona-Zeit meine eigene Normalität ein Stück weiterleben.
Vielen Dank und alles Gute, Herr Prof. Dr. Scherer!