Wissen für Pharma- und Biotechunternehmen

Prof. Dr. Christian Schäfer beim 33rd Annual European Pharma Congress

Da die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer, in der Entwicklung befindlicher Wirkstoff durch die FDA (Food and Drug Administration, US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel), bzw. EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) zugelassen wird, je nach Entwicklungsphase vergleichsweise gering ist, kommt der Bewertung des Projektrisikos ein entscheidendes Gewicht zu. Beispielsweise erhält nur einer von ca. 16 in Phase I befindlichen Wirkstoffen eine Marktzulassung. Nicht alle Verfahren zur Berechnung des Kapitalwerts (Net Present Value, NPV) sind hier in gleicher Weise geeignet, das Risiko zum jeweiligen Entwicklungszeitpunkt transparent zu machen. Z. T. sind die in der Praxis gewählten Darstellungen und Interpretationen der NPVs gar irreführend und unterschätzen relevante, insbesondere kurzfristige Projektrisiken systematisch.

Methodische Ansätze zur Bewertung strategischer Pipeline-Projekte von Pharma- und Biotechunternehmen

In der Praxis hat sich gezeigt, dass Unternehmen der pharmazeutischen Industrie verschiedene Bewertungsmethoden zur Berechnung des NPV von Pipeline-Projekten verwenden. Aus eigenen Projekterfahrungen berichtet Prof. Dr. Christian Schäfer (Studiengang BWL - Versicherung), dass "in der Praxis im Wesentlichen drei verschiedene methodische Ansätze zur Anwendung kommen". In der Theorie ist das Ergebnis der drei Methoden identisch. Sobald jedoch Unsicherheiten in Form von Konfidenzintervallen für verschiedene Inputvariablen explizit abgebildet werden sollen, kommt es teilweise zu erheblichen Bewertungsabweichungen.

Vergleich der Methoden auf dem European Pharma Congress

Auf dem 33rd Annual European Pharma Congress, der von 13.-14. März 2023 in Frankfurt (Main) stattfand, stellte Prof. Dr. Christian Schäfer in seinem Vortrag "Identifying the sweet spots in milestone decision making – Monte Carlo simulation of net present value for pipeline projects in pharma" drei unterschiedliche Bewertungsmethoden gegenüber. Hierbei handelte sich um den risk adjusted NPV (ohne Monte Carlo Simulation), den simple risk adjusted NPV (mit Monte Carlo Simulation) und den detailed risk adjusted NPV (mit Monte Carlo Simulation).

Für den Methodenvergleich nutzte er eine Fallstudie zur Bewertung eines beispielhaften Central Nervous System (CNS) Pipeline-Projekts zu Beginn der klinischen Entwicklungsphase I. Der NPV wurde exemplarisch unter Verwendung jener drei in der Industrie gängigen Verfahren berechnet. Abschließend wurden die NPVs, bzw. deren Verteilungen, verglichen. Gleiches wurde für die angestellten Sensitivitätsanalysen vollzogen. Gerade anhand des präsentierten Vergleichs der Sensitivitäten der verschiedenen Kalkulationsverfahren kam die systematische Unterschätzung von kurzfristigen Projektrisiken bei frühen Pipeline-Projekten gut zum Ausdruck. Die Überlegenheit des detailed-risk-adjusted-NPV-Ansatzes gegenüber den anderen präsentierten Verfahren konnte anhand des Beispiels sehr deutlich gemacht werden. Interessanterweise kommt jenes Verfahren den Erfahrungen von Prof. Dr. Schäfer zu Folge jedoch bei den wenigsten Unternehmen in der Praxis zum Einsatz. Die Ergebnisse mündeten in einer angeregten Diskussion der Zuhörerschaft.

Die Präsentation zum Vortrag kann bei Prof. Dr. Christian Schäfer erfragt werden.